Von Susanne Träupmann
Bonner Generalanzeiger, 20.07.2015
Freilichtwandertheater in Alfter
ALFTER Doris Muhr spielt für ihr Leben gerne Theater. Die Bretter der Bühne sind für die Alfterin wie ein Lebenselixier. Besonders freut sich die Reisekauffrau auf die Wochenenden zwischen Ostern und Juni, wenn auf dem Gelände des Freilichtwandertheaters Alfter am Buchholzweg die Proben zum jeweiligen Stück beginnen.
Alle zwei Jahre bringt das Laientheater eine neue Inszenierung heraus. Aber auch in den Zwischenjahren "müssen wir proben, da man ja auch einiges vergisst", sagt Doris Muhr. Seit den Anfängen der Freilichtbühne im Jahr 2002 spielt die 52-Jährige in den Aufführungen Mütter, Hexen oder auch Großmütter. Mit ihrer Theaterbegeisterung steckte Muhr gleich zu Beginn ihre Familie an.
Dazu gehören nicht nur Ehemann Jürgen Muhr und die Kinder Stephanie (29), Yvonne (28) und Sebastian (18), sondern auch die Familie von Doris Muhrs Bruder Berti Palm mit Schwägerin Annette (47) sowie den Neffen Patrick (23) und Alexander (18). "Es ist einfach toll, wenn wir alle zusammen auf der Bühne stehen. Wir sehen uns bei den Proben regelmäßig und genießen das gemeinsame Spiel", schwärmt Doris Muhr.
Währenddessen sitzen sie und ihre Familie auf Bänken im Theatergelände und warten auf den Startschuss zur nächsten Aufführung von "Jim Knopf und die Wilde 13" nach dem Kinderbuchklassiker von Michael Ende. Doris Muhr spielt in der Inszenierung die Ladenbesitzerin Frau Waas, die Adoptivmutter des Protagonisten Jim Knopf. Auch Ehemann Jürgen und Tochter Stephanie fungieren im Stück als Herr Ärmel beziehungsweise als Stimme des goldenen Drachens und als Wassernixe.
"Ich kann nur Rollen übernehmen, die bei den Proben nicht zu aufwändig sind, da ich ausschließlich am Wochenende in Alfter bin", erklärt Jürgen Muhr, der als Chemiker wochentags in Frankfurt arbeitet. Sind die Proben für Freitagabend angesetzt, eilt der 54-Jährige direkt von der Autobahn zur Freilichtbühne.
Zufällig zum Theaterspielen
Zum Theaterspielen kamen die Muhrs eher zufällig. Als die Schauspieler Monika Timme-Hafner, Ralf Hafner sowie Regisseur Bernhard Altfeld und Frohmut Altfeld mit ihrem Ensemble "Orplid" 2001 nach Alfter kamen und bei den Ortsvereinen nach Laienschauspielern für eine neue Inszenierung suchten, stellten sie ihr Projekt auch der katholischen Frauengemeinschaft vor. "Da ich dort aktiv war und im kleinen Rahmen schon Sketche aufgeführt hatte, war ich von dem Theaterprojekt ganz begeistert. Mein Mann wollte auch mitmachen, damit wir uns am Wochenende, wann die Proben stattfanden, sehen konnten", blickt Doris Muhr zurück.
Schon die erste Inszenierung des Stücks "Die kleine Hexe" nach der Geschichte von Otfried Preußler war aufregend. Damals spielte die junge Bühne noch im Innenhof des Alfterer Schlosses und im dortigen Garten. "Da war das ganze Dorf dabei. 80 Leute machten mit. Massenszenen hatten wir auch damals schon." Und Jürgen Muhr muss noch heute lachen, wenn er an den Trick mit dem grünen "Zauberfeuer" im Wald der kleinen Hexe denkt. "Das Holz im Wald wurde mit einem speziellen Pulver eingerieben, das bei elektrischer Zündung grünlich schimmerte". Yvonne, Stephanie und Sebastian Muhr lieben das Theaterleben auf und hinter der Bühne ebenfalls. Ob Rollen wie das Burgfräulein oder der kleine Zwerg - jede Figur für sich ist immer wieder ein Erlebnis.
So übernahmen 2014 Sebastian Muhr und sein Cousin Alexander Palm im "Räuber Hotzenplotz" die Hauptrollen des Seppel und des Kaspers. "Ich war so stolz, als die beiden auf der Bühne standen", sagt Yvonne Muhr. Sie selbst engagiert sich in diesem Jahr gemeinsam mit ihrem Onkel Berti Palm (48) beim Ordnungsdienst. Damit sorgen sie gemeinsam mit acht Helfern für den reibungslosen organisatorischen Ablauf bei jeder Aufführung.
Seit 2003 Ensemblemitglieder
Berti Palm und seine Familie gehören als Ensemblemitglieder seit 2003 mit zur Alfterer Bühne. In diesem Jahr spielen Annette Palm und ihre Söhne bei den Massenszenen in Mandala mit. "Beim Theaterspielen ist die Atmosphäre immer schön", findet Patrick Palm. Für Yvonne und Stephanie Muhr ist das Schauspielern wie für ihre Mutter Doris mittlerweile ein Muss.
"Wir wurden zwar als Kinder zu den Proben mitgeschleppt. Über kleine Rollen sind wir aber allmählich in die Schauspielerei hineingewachsen", bringt es Yvonne Muhr auf den Punkt. Für ihre Schwester Stephanie ist Spielen schlichtweg ein "Ausgleich zum stressigen Beruf". Allein Berti Palm möchte nicht mehr als Schauspieler im Rampenlicht stehen. "Aber dabei sein möchte ich auf jeden Fall. Denn sonst wäre ich am Wochenende allein zu Hause."
Seit den Anfängen des Theaters sind die Aufführungen und die Inszenierungen des Laientheaters immer professioneller geworden. Die Resonanz bei den Zuschauern ist dementsprechend von Jahr zu Jahr gestiegen. Zum ersten Mal in der 13-jährigen Geschichte des Theaters sind in diesem Jahr alle Aufführungen von "Jim Knopf und die Wilde 13" ausverkauft. Doris Muhr: "Vom Erfolg wurden wir völlig überrascht. Aber alle, die das Stück dieses Jahr nicht sehen können, haben 2016 dazu die Gelegenheit."